Filme mit Teenagern laufen meist auf dasselbe hinaus: Entweder werden sie von einem psychopathischen Killer gejagt oder sind selbst auf der Jagd, und zwar nach dem ersten, zweiten oder auch dritten Sex. Andere Themen sind in letzter Zeit eher Mangelware. Doch zum Glück gibt es ab und zu auch noch Filme wie „Charlie Bartlett“.

Worum geht’s

Charlie (Anton Yelchin) steht auf einer Bühne und lässt sich feiern. Tausende rufen seinen Namen und bejubeln ihn. Bis er aus seinem Tagtraum gerissen wird. In Wirklichkeit steht er neben dem Büro des Schuldirektors, in dem dieser Charlies Mutter (Hope Davis) gerade erklärt, dass Charlie aufgrund seiner Aktivitäten als Ausweisfälscher der Schule verwiesen wird. Da dies nicht die erste Privatschule ist, von der Charlie geflogen ist, beschließt seine Mutter, ihn auf eine öffentliche Schule zu schicken. Dort macht Charlie Bekanntschaft mit dem Schulschläger Murphey (Tyler Hilton), dem Toiletteninhalt, Schuldirektor Gardner (Robert Downey Jr.) – und dessen süßer Tochter Susan (Kat Dennings). Schon bald merkt Charlie, dass er nicht der einzige Schüler mit Problemen ist. Und macht aus der Not eine Tugend. Von seinem Privatpsychiater unfreiwillig inspiriert, richtet Charlie auf dem Schülerklo eine Sprechstunde ein und vertreibt zusammen mit Murphy die zu den Symptomen der Schüler passenden Medikamente. Doch Direktor Gardner hat Charlie bereits im Visier. Und das nicht nur aus schulischen Gründen, geht Charlie doch inzwischen regelmäßig mit Susan aus …

Meine Meinung

Beliebtheit. Viele Menschen streben danach. So auch Charlie. „Es gibt Dinge, die wichtiger sind, als beliebt zu sein.“ sagt Charlies Mutter einmal zu ihm. Doch auf die Frage, welche Dinge dies sein sollen, hat sie keine Antwort. Am Ende des Films wird Charlie die Antwort kennen.

Wer bei „Charlie Bartlett“ eine typische Loser-kommt-auf-eine-neue-Schule-und-wird-am-Ende-von-allen-geliebt-Komödie erwartet, unterschätzt den Film gewaltig. Sicherlich gibt es auch einiges zu lachen in dem Film, doch wird dabei großen Wert auf die Charaktere und das Zwischenmenschliche gelegt. Hier gibt es keine überflüssigen Erwachsenen, die nur als Stichwortgeber fungieren. Keine Schulrowdies, denen am Ende alles heimgezahlt wird. Kein schönstes Mädchen der Schule, hinter der alle Jungs her sind und die sich am Ende doch für Charlie entscheidet. Es gibt nur Menschen. Menschen mit Problemen. Wie zum Beispiel Charlie, jenen hochintelligenten Jungen, der zwar aus einem reichen Elternhaus stammt, aber viel zu früh erwachsen werden musste und sich seit Jahren um seine labile Mutter kümmert, weil sein Vater im Gefängnis sitzt. Oder Direktor Gardner, der mit Alkoholproblemen zu kämpfen hat, den Kontakt zu seiner Tochter verliert und sich in seiner Rolle als Direktor längst nicht so wohl fühlt wie in seiner vorherigen Tätigkeit als Lehrer. Oder den labilen Außenseiter, den niemand zur Kenntnis nimmt. Oder die attraktive Cheerleaderin, die zwar jeder Junge haben will, die aber nicht gut genug für eine ernste Beziehung ist. Oder den harten Kerl, der sich selbst schon aufgegeben hat, weil er es eh zu nichts bringen wird. Sicherlich entspringen einige der Figuren der typischen Klischeekiste, doch entwickeln sich Klischees normalerweise auch nicht grundlos. Und so entsteht eine interessante Mischung verschiedener Charaktere, die alle eines gemeinsam haben: Sie brauchen Hilfe. Und auch wenn sie es nicht wissen: Diese Hilfe können sie sich nur gegenseitig geben. Und das tun sie, wenn auch nicht immer bewusst. Genau das macht den Reiz der Figuren und der Geschichte aus. Es gibt niemanden, der ausschließlich Hilfe benötigt, jeder hat auch etwas zu geben. Jeder ist wichtig.

Das Hauptaugenmerk liegt dabei freilich auf den Titel gebenden Charlie, toll verkörpert von Anton Yelchin. Ein wenig wie eine reifere Version von Ferris Bueller wirkend, durchlebt Yelchin als Charlie verschiedene Stationen des Erwachsenwerdens. Bis hin zum ersten Sex, welcher genauso einfühlsam daher kommt wie der gesamte Film. Yelchin spielt Charlie dabei stets sympathisch und erfreulich menschlich, so dass es schwer fällt, seine Leistung nicht wiederholt positiv zu erwähnen. Doch auch die anderen Darsteller wissen zu begeistern. Kat Dennings als Love Interest ist zwar keine typische Schönheit, hat aber jenen natürlichen Charme, der keine Frage daran aufkommen lässt, wieso Charlie sich in sie verliebt. Hope Davis hat als überforderte und leicht überdrehte Mutter zwar nur relativ wenig Screentime, versteht es aber, ihrer Rolle im richtigen Moment die entsprechende Tiefe zu verleihen. Und Robert Downey Jr., diesmal übrigens wieder mit gewohnter Synchronstimme, ist als überforderter Direktor/Vater mit Alkoholproblemen ohnehin eine sichere Bank.

Wenn dann der Abspann beginnt, ist eines ganz klar: Wir alle haben Probleme. Wir alle haben Macken. Und wir alle machen Fehler. Aber das macht nichts – sofern wir aus diesen Fehlern lernen. Denn wir sind alle nur Menschen. Und diese Erkenntnis ist wichtiger als es jedes Psychopharmakon je sein kann.

Mein Fazit

Äußerst gelungene Mischung aus Komödie und Drama mit einem sehr sympathischen Hauptdarsteller, nicht minder tollen Nebendarstellern und einer Aussage, die zwar schon oft getroffen wurde, die man aber dennoch immer wieder gerne hört.

Meine Wertung: 8/10

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