Ach, John Cusack, was ist bloß aus dir geworden. Es gab Zeiten, da spieltest du in tollen Filmen wie „Grosse Pointe Blank – Ein Mann, ein Mord“, „Being John Malkovich“ und „High Fidelity“ mit. Auch in „Weil es Dich gibt“, „Das Urteil – Jeder ist käuflich“ und „Zimmer 1408“ hast du mir richtig gut gefallen. Und mit „Con Air“ und „2012 – Das Ende der Welt“ hast du sogar zwei echte Blockbuster vorzuweisen. Und heute? Spielst du in Direct-to-Video-Premieren mal die Haupt- und immer öfter sogar nur eine Nebenrolle. Gut, das muss nicht zwangsläufig schlecht sein, schließlich gibt es durchaus DTV-Premieren, die sich als kleiner Geheimtipp entpuppen. Der ab sofort erhältliche Entführungsthriller „Reclaim – Auf eigenes Risiko“ gehört jedoch leider nicht dazu …

Worum geht’s

Da sie als Folgen eines tragischen Autounfalls keine eigenen Kinder bekommen können, beschließt das junge Paar Steven (Ryan Phillippe) und Shannon (Rachelle Lefevre), das haitianische Waisenmädchen Nina (Briana Roy) zu adoptieren. Um Nina abzuholen und die Adoption abzuschließen, reisen Steven und Shannon nach Puerto Rico. Leider befinden sich die für die Ausreise notwendigen Dokumente noch auf dem Postweg, weswegen die frischgebackene Familie von Büroleiterin Reigert (Jacki Weaver) vorerst in einem Hotel untergebracht wird. Als eines Morgens sowohl Nina als auch das Adoptionsbüro spurlos verschwunden sind, wird Steven und Shannon klar, dass sie einer professionellen Bande von Adoptionsbetrügern aufgesessen sind. Der für den Fall verantwortliche Detective (Luis Guzmán) macht dem Paar keine große Hoffnung, doch Steven und Shannon sind bereit, auf eigene Faust nach Nina zu suchen. Und wecken damit das Interesse des scheinbar unbeteiligten Benjamin (John Cusack) …

Meine Meinung

Skrupellose Menschenhändler, die verwaiste Kinder für ihre Zwecke missbrauchen. Verzweifelte Eltern, die bereit sind alles zu opfern. Was sich durchaus interessant und spannend liest, entpuppt sich als unspektakulärer und vorhersehbarer Thriller, der trotz seiner ernsten und durchaus wichtigen Thematik erschreckend oberflächlich und anspruchslos bleibt. Da die Zuschauer offenbar nicht zu stark gefordert oder gar belastet werden sollen, werden die interessantesten Fragen nur angerissen, aber niemals ernsthaft aufgegriffen. Dass so viele Paare in ihrer Verzweiflung auf dubiose Adoptionsangebote eingehen, ließe sich zum Beispiel hervorragend für eine Kritik am Adoptionssystem nutzen. Ebenso werden die psychologischen Folgen für das Waisenkind Nina beinahe komplett vernachlässigt. Dabei hätten insbesondere diese den Film deutlich aufwerten können, denn wie traumatisch es für ein Kind sein muss, unfreiwillig Teil solch einer Betrugsmasche zu sein und von Familie zu Familie gereicht zu werden, mag ich mir nicht ausmalen.

Statt sich mit solchen Fragen zu beschäftigen und der Geschichte die Tiefe zu verleihen, die der Thematik gerecht wird, konzentriert sich „Reclaim“ lieber auf die üblichen 08/15-Thriller-Momente. Da von Anfang an klar ist, wer hier seine Finger im Spiel hat, bleibt die Spannung dabei zwar größtenteils auf der Strecke, wirklich langweilig ist das Geschehen jedoch glücklicherweise auch nicht. Am Ende kommt gar ein wenig Action in Form einer längeren Verfolgungsjagd ins Spiel, die allerdings nicht nur unspektakulär inszeniert, sondern auch noch miserabel getrickst ist. Wie heißt es so schön: Der Wille war da.

Reclaim_Szene_2Ryan Phillippe („Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast“, „Eiskalte Engel“) und Rachelle Lefevre („Twilight – Biss zum Morgengrauen“, „White House Down“) können als verzweifelte Adoptiveltern durchaus überzeugen, bleiben jedoch aufgrund des oberflächlichen Skripts eher unterfordert. Und ja, das gilt auch für Phillippe, den ich entgegen der allgemeinen Meinung durchaus für einen brauchbaren Darsteller halte. Wobei er mir in kleineren Rollen wie zum Beispiel in „Der Mandat“ doch deutlich besser gefällt. Und wie schlägt sich John Cusack? Nun, hat man die erste Szene mit ihm, in der er um Jahrzehnte gealtert und extrem heruntergekommen aussieht, erstmal verdaut, schlägt sich Cusack recht wacker, obgleich er schon ein wenig gelangweilt wirkt. Das Niveau eines Steven Seagal hat Cusack aber glücklicherweise noch längst nicht erreicht. Ich habe also durchaus noch Hoffnung für den Mann.

Mein Fazit

Unspektakulärer Thriller mit soliden Darstellern, der seiner durchaus interessanten Thematik nicht gerecht wird und nach dem Schauen schnell in Vergessenheit gerät.

Meine Wertung: 5/10

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